Im LC Meilen ist Georg Spörri eine Institution. Kürzlich hat der langjährige Vereinspräsident eine eigene sportliche Vision vollendet – mit dem sechsten Rennen der World Marathon Major.
Die Gedanken auf den letzten Metern waren überwältigend – und das Ereignis nachhallend. Von Georg Spörris letztem Part am Tokio Marathon Anfang Monat ist die Rede. Denn, es handelte sich nicht einfach um den eh schon emotionalen Abschluss der legendären 42,195 km eines Gross-Stadt-Marathons. Es war eine Vollendung anderer Dimension. Georg schloss die Serie der World Marathon Majors erfolgreich ab. Um die sechs bedeutendsten Marathons weltweit handelt es sich: New-York, Boston, London, Berlin, Chicago und eben Tokio. Alle hat der bald 65-Jährige nun gelaufen.
Von «einer coolen Sache» spricht Georg. Hervorzuheben ist nicht allein diese Leistung. Zu erwähnen gilt es ebenso den Zeitraum von fast einem Vierteljahrhundert zwischen 2002 und 2025. Und erstaunlich ist der Weg von Georg Spörri zum Marathonläufer. In den 80-er-Jahren war der Grossgewachsene mit den langen Beinen Leistungsträger im LC Meilen – auf der Bahn. Seine Sparte waren die Mittelstreckendistanzen, also 800 m und 1500 m. Wie sehr er sich zu profilieren wusste, zeigt ein Blick in die Liste der LCM-Vereinsrekorde. Noch immer führt er etliche. Und den Insidern zeigt sich seine einstige Klasse anhand von Zeiten: 1:53,41 Minuten über 800 m, 3:51,61 über 1500 m. Weitere ragen heraus: 1:23,50 über 600 m, 2:26,72 über 1000 m, 4:13:07 über die Meile.
Erster Marathon mit 42.
Spörris Weg zum Marathon war ein langer. Nachdem er sich von den Bahnwettkämpfen verabschiedet hatte, brauchte es Zeit. Volksläufe bestritt er – aber vor allem über kürzere Distanzen. «Lieber kurz und dafür schneller», sagte er. Der Marathon reizte ihn nicht. Trotzdem nisteten sich die 42,195 km plötzlich ein in seinem Kopf. Mit 42 bereitete er sich auf den Klassiker in New York vor. «Ich wollte diese spezielle Distanz einfach auch einmal laufen», umschreibt er rückblickend seine Beweggründe..
Zwar glückte es ihm nicht, jeden Kilometer in durchschnittlich 4 Minuten zurückzulegen. Dennoch blieb er unter 3 Stunden – und realisierte mit 2:56:36 Stunden eine mehr als respektable Zeit. Und das Marathon-Kapitel zog Georg Spörri weiter. Im Folgejahr lief er in London und seine Bestzeit von 2:54:33 Stunden. 2005 startete er in Berlin. Das reichte fürs Erste. Stattdessen übernahm er 2006 das Vereinspräsidium – eine Aufgabe, die er nicht weniger als elf Jahre lang mit viel Herzblut ausübte. Dazwischen 2011 und 2013 zog es ihn nochmals «ans gigantische Marathon-Erlebnis» nach New York.
Corona-Effekt
Die Marathon-Majors rückten erst während der Corona-Pandemie ins Blickfeld – «ganz plötzlich», wie Spörri zurückblickt. Chicago, Boston und Tokio fehlten ihm noch. Gesagt getan. Als aber der Chicago Marathon 2020 Pandemie bedingt abgesagt wurde, nutzte er seinen Startplatz 2023. Es folgten Boston im folgenden Frühling und nun, knapp ein Jahr später, Tokio. Erlebt hat Spörri dabei die gigantische Entwicklung bei diesen grossen Städte-Marathons. Die Startplätze sind höchstbegehrt. London mit seinen 45’0000 Läuferinnen und Läufern nennt er, 850’000 interessieren sich jeweils dafür. Rund 20’000 kommen zu einem dieser Startplätze über den freien Markt, die Lotterie oder die Verlosung. Die restlichen gehen an Agenten und zu den Reisebüros, welche ihre Marathon-Reisen verkaufen. Spörri hatte jeweils Glück: «Meine guten Kontakte spielten mir in die Karten.»

Mit seinen Marathons verbindet Georg Spörri «Marathon-Abenteuern und Marathon-Reisen». Das Kulturelle und das Kennenlernen der Grossstädte bildeten stets eine zentrale Rolle in seiner Motivation. «Im Gegensatz zu früher und den Bahnrennen spielte mir die Zeit eine untergeordnete Rolle.» Dass es aber trotz Talent und Trainingswille – in den letzten Jahren während Monaten vier bis fünf Einheiten wöchentlich – nicht mehr gleich flott lief wie einst, war er sich stets klar. «20 Jahre mehr auf dem Buckel gehen nicht spurlos an dir vorbei», sagt er. Bei seinem (bislang?) letzten Marathon lief er nach 4:57:55 Stunden über die Ziellinie.
Teuer aber wertvoll
Und ein Faktor kommt hinzu. Dieses Marathon-Kapitel ging ins Geld. Trotzdem zieht Spörri eine rundum erfreuliche Bilanz. Was bleibt sind «unzählige Erinnerungen, Kontakte Einblicke in fremde Kulturen und auch etwas Stolz», wie er sagt. Und die hochgeschätzte und weitum bewunderte Marathon Majors Trophäe als Six Star Finisher? «Vielleicht erhält diese Medaille einen Ehrenplatz, vielleicht aber wandert sie auch bald in die Box mit den vielen anderen Medaillen und Erinnerungsstücken.» Georg Spörri schmunzelt. Er weiss, das Wertvolle dieser Serie trägt er in sich selber.
Jörg Greb