Eine unglaubliche Medaillen-Serie
Monica Hug vom LC-Meilen realisierte das, wovon Langstreckenläuferinnen und -läufer kaum zu träumen wagen: Drei Schweizer Meisterschafts-Rennen innert eines Monats – und immer als Schnellste ihrer Altersklasse.
Meisterschafts-Gold über die Halbmarathon-Distanz Ende März in Oberriet. Schweizer Meisterin zwei Woche später in Vétroz im 10-km-Strassenlauf und nochmals sieben Tage danach Siegerin am Zürich Marathon in ihrer Kategorie: Monica Hug hat eine einzigartige Marke gesetzt. Und ihre Klasse unterstrichen. Sie reihte Sieg an Sieg – im Wissen, dass ihre Serie auf die reine Leistung im einzelnen Rennen wenig leistungsfördernd ist. Monica Hug lacht: „Wäre der Marathon nicht zuletzt angestanden, hätte das sicher nicht funktioniert.“ So aber stand die härteste Prüfung als Finale auf dem Programm – und die spontan entstandene Idee für die Gold-Jagd glückte.
Mit einem Schönheitsfehler muss Monica Hug allerdings leben. Zuletzt, an den in dem Zürich Marathon integrierten Meisterschaftsrennen über die 42,195 km, schaute Gold für den Marathon-Sieg heraus, aber nur Silber in der Meisterschaftswertung. Dieser Fakt ist ärgerlich, aber erklärt dadurch, dass laut dem Reglement von Swiss Athletics Altersklassen Medaillen nur vergeben werden, wenn mindestens drei Schweizer (oder in diesem Fall Schweizerinnen) starten und das Ziel auch erreichen. Und zweites war nicht der Fall. Nach Monica Hug – sie gewann in exzellenten 3:29:06 Stunden – liefen eine Brasilianerin, eine Österreicherin und eine weitere Schweizerin ein, alle innert weniger Minuten und alle mit einem Rückstand von plus/minus einer halben Stunde.
Ungerechtigkeit
Diese Konstellation hatte die Konsequenz, dass Hug der der Siegerehrung zwar die Siegesmedaille für ihre Kategorie erhielt, nicht aber jene für den Meistertitel. In dieser Wertung wurde sie nach dem Reglement in der Kategoire W60 gewertet. Und so stand mit Jacqueline Keller die einstige Siegerin der Königsklasse am Swiss Alpine Marathon Davos eine andere Topathletin auf der obersten Podeststufe. Das sorgte für eine zufällige Verzerrung der Kategorien, Enttäuschung und Ärger – nicht nur bei Hug selber, sondern auch bei der eigentlich medaillenberechtigten W60-Läuferin.
Zu diesem Sachverhalt findet Hug klare Worte: „Ich finde, diese Regel nicht fair und sie müsste angepasst werden. Schliesslich kann ich nichts dafür, dass sich keine Gleichaltrigen für solche Herausforderungen meldeten.“ Und Pech hatte sie insofern darin, dass dieser Passus im Marathon zum Tragen kam. Sowohl im Halbmarathon, wie über 10 km hätte sie sich auch in der tieferen Altersklasse durchgesetzt, über 10 km gar auch bei einer noch tieferen (W55).
Den Elan Hugs aber schmälern solche Ungerechtigkeiten nicht. Vielmehr baut sie sich an ihrer eigenen Leistung auf. In der Geschichte des Zürich Marathons – es war die 21. Austragung – findet sich eine einzige Frau ihrer Altersklasse, welche das Rennen mit einer noch stärkeren Endzeit gewann: die legendäre Emma Lüthi, 2009 mit 3:12:56. Und Monica Hug kann auch den Vergleich mit sich selber heranziehen: Noch nie realisierte sie eine schnellere Marathon-Zeit. Vielmehr unterbot sie ihren persönlichen Bestwert um mehr als 20 Minuten. Diese Marke datiert ebenfalls vom Zürich Marathon, aber aus dem Jahr 2003. Dieser Fakt zeigt die erstaunliche Entwicklung der Späteinsteigerin.
Die grosse Liebe: Berg-Marathons
Heute ist Monica Hug fasziniert von den Wettkämpfen und ihren verschiedenen Flairs. Sie freut sich über ihre Leistungsfähigkeit und schätzt den Vergleich mit anderen. Deren Wege verfolgt sie. Sie analysiert ihre eigenen Fähigkeiten wie die ihrer Widersacherinnen. Und sie legt sich je nach Konstellation verschiedene Renntaktiken zu Recht. Verbissen tut dies nie. Vielmehr bildet die Freude den Antrieb fürs Training (bis zu 5 Laufeinheiten pro Woche/ergänzend Yoga und Aqua Running) und auch für die Wettkämpfe.
Und eigentlich, das sagt sie immer wieder, sind nicht die Strassenläufe und Strassen-Marathons ihre grosse Liebe. Diese gehört den Bergläufen (Favorit Zermatt Marathon ultra über 45,6 km, mit 2449 m Steigung und dem Ziel auf dem Gornergrat und 3089 m Höhe). Bei solchen Prüfungen kommt sie zu den ganz grossen Gefühlen und Empfindungen. Da rücken die Bergwelt, Panoramen am Horizont und Bergblumen am Wegrand stärker in den Vordergrund – und steile Aufstiege in dünner Luft. Eine solche Umgebung dünkt sie noch spannender und beglückender. Was aber klar ist: Als Vorbereitung haben die drei schnellen Flachrennen mit den unglaublichen Erfolgen Monica Hug bestimmt weitergebracht.
Jörg Greb